Der #Vorschlaghammer Teil 6
Ein Vorschlag zum Teilabriss
Rassismus
Was bisher geschah…
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(Teile 3—5 fehlen noch)
Wer Rassismus sagt, meint in Wahrheit meistens Fremdenfeindlichkeit. Aber das ist eine andere Geschichte, um die es im nächsten Abschnitt zum Stichwort „Toleranz“ gehen soll. Hier schreibe ich über Rassismus, die Ablehnung einer bestimmten Menschenrasse.
Rassismus ist fast immer eine etwas dämliche Verwechslung von Rasse und Kultur. Das kann schon mal irritieren, besonders wenn man eine gute Wahrscheinlichkeit hat, von der Rasse eines Menschen auf seine Kultur schließen zu können. Aber im Ganzen doch dämlich. Das hat sich nie wirklich verbessert, seit die Aufklärung den Rassismus als ihre Kinderkrankheit mit in die Welt gebracht hat. Und viele Menschen scheinen diesen Punkt bis heute nicht verstanden zu haben. Deshalb fährt das Thema Rasse immer weiter fort, Kultur zu zerstören. Da ist die gegenwärtige Zukunft kein bisschen schöner geworden.
Beim Rassismus ist die Aufklärung selbst das Problem, als dessen Lösung sie sich heute ausgibt.
Ein Rassist ist ursprünglich jemand, der so etwas sagt: „Bestimmte Rassen sind von Natur aus geistig minderwertig und sollten deshalb für einfache körperliche Arbeit benutzt werden. Nach den Erkenntnissen der Darwinschen Evolutionslehre ist die höchste Rasse gezwungen, ihre Herrschaft über die minderen zu sichern. Deshalb stehen Sklaverei und Kolonialismus im Einklang mit den Idealen der Aufklärung.“ Haben Sie schon einmal so jemanden getroffen? Ich nicht.
Aber als die Europäer aufbrachen, um der Welt ihre Zivilisation zu bringen, war eine solche rassistische Haltung häufiger. Ob Afrika, Süd- und Nordamerika oder Asien – immer betrachtete man sich als überlegen. Die jeweilige Bevölkerung dagegen trat, nach allen Überlieferungen, den Weißen zunächst oft halbwegs aufgeschlossen gegenüber. Jedenfalls scheint es ihnen fremd gewesen zu sein, die Besucher allein aufgrund ihrer anderen Rasse als geistig minderwertige Nutztiere zu betrachten. Eher umgekehrt, als Götter.
Auch dem voraufgeklärten religiösen Europa scheint mir Rassismus fremd gewesen zu sein. In der Bibel findet sich das wohl nicht. Für den gläubigen Menschen war das Kriterium bei der Bewertung anderer deren gottgefällige Lebensweise. Daraus entstand unsere europäische Moral. Der aufgeklärte Mensch dagegen begann, andere nach ihrem irdischen Erfolg zu bewerten. Ganz nach dem Credo, dass der Mensch allein das Ergebnis seiner rationalen Entscheidungen ist. „Minderwertige“ Zivilisationen ließen demnach auf „minderwertige“ Menschen schließen.
Die Europäer haben damals ihre Zivilisation aber lediglich aus purer heimatlicher Gewohnheit als hochwertiger angesehen. Das allein hätte noch keinen Rassismus ergeben. Es ist der Normalfall, und die anderen Kulturen werden ihre gewohnte Identität ebenfalls weiterhin als schöner empfunden haben, Interesse für das Fremde hin oder her. Ebenso mag ein religiöser Mensch seinen Glauben höher bewerten als den fremden Glauben. Aber auch das allein macht noch keinen Rassismus. Der Gläubige kann immer noch denken: „Ach, diese armen Menschen leben in Unkenntnis von Gott. Man muss ihnen den rechten Glauben endlich nahebringen.“ Das haben sie ja dann auch ausgiebig versucht.
Anders dagegen der „Glaube“ der Aufklärung: Hier begann der Mensch, aus sich selbst heraus zu existieren, sein eigenes Werk zu sein. Im Umkehrschluss wird dann aus dem Ungewohnten und daher scheinbar Minderwertigen ein angeborener geistiger Mangel. In dieser Denkweise sind keine Hilfe und keine Achtung vor dem reinen Menschsein mehr möglich. So unangenehm das Aufdrängen des christlichen Glaubens durch Missionare auch gewesen sein mag: Es war immer noch anständiger als die Versklavung.
Ich bin leider nicht sicher, inwieweit wir das heute wirklich abgelegt haben. Wir haben von großartigen Zivilisationen anderer Kontinente gehört, die existiert haben, als die Europäer nur rudimentäre Gesellschaften gehabt haben mögen. Die bewertende Koppelung von Rasse und Kultur haben wir wohl als Fehler verstanden. Man müsste eigentlich denken, dass die Problematik Rassismus daher aus unserem Blickfeld verschwunden ist und als Fehlentwicklung in den Geschichtsbüchern versenkt wurde. (Vielleicht ist das in den USA etwas anders, keine Ahnung. Kann sein, man hat da durch den massiven Sklaven-Import diesen frühmodernen Rassismus quasi konserviert und in ein Gesellschaftssystem gegossen.)
Tatsächlich aber ist etwas Seltsames passiert: Wir haben aus dem Rassismus einen regelrechten Kult gemacht. Einen wirren Kult. Schuld daran sind die Nazis. Sie haben das Wort Rasse mit unpassenden Inhalten verknüpft. Der Zugehörigkeit zu einer Nation etwa (Deutschland) oder einer Religion (Judentum). Dabei sind sie selber ein bisschen durcheinander gekommen, etwa beim Versuch jüdische Europäer, kommunistische Russen oder andererseits Japaner in ihr komisches Rassenschema einzusortieren.
Man könnte denken, wir hätten wirre Nazi-Denkweisen im Orkus der Geschichte verschwinden lassen als das, was sie sind: wirre Nazi-Denkweisen. Oft haben wir aber versucht, möglichst genau das Gegenteil zu denken. Was dabei nicht selten herauskommt, ist eigentlich naheliegend: wieder wirre Nazi-Denkweisen, wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen.
Das hat uns zum Beispiel dahin geführt, menschliche Rassen als wissenschaftlich nicht existent zu erklären. Man sagt einfach, es gibt sie nicht und gibt das als Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis aus. Vor allem aber haben wir den Rassismus-Begriff ausgedehnt auf quasi jede Art von Ablehnung gegen irgendwas. Damit haben wir zugleich eine kulturelle Alternativlosigkeit manifestiert. Wer Andersartigkeit nicht mehr ablehnen darf, kann nur noch gleichartig sein. Oder Rassist. Damit sind alle exklusiven Kulturen verboten worden.
Kürzlich hat diese Entwicklung zum militanten Islamismus geführt. Der Islam wäre, wie viele Religionen, nach diesem wirren Verständnis rassistisch. Das trauen wir uns natürlich nicht zu sagen, denn so wären wir ja selbst rassistisch. Aber viele Gläubige merken schon, dass ihre exklusive Denkweise nicht mehr geeignet ist, andere Einflüsse aus ihrem Glauben herauszuhalten. Vielmehr werden sie dadurch selbst aus dem übrigen Leben ausgeschlossen. Sie können nicht mehr sagen „Wir machen das so und alles andere finden wir falsch“, weil sie sich damit zum geächteten machen, zum Rassisten, sowohl in Europa, als auch in der aufgeklärt-eurozentrischen Welt-Moral. Da hält es mancher offenbar für gut, radikal eine neue eigene Welt zu schaffen.
Und noch eins mehr: Neuerdings haben wir den Rassismus sogar zum Werbe-Slogan gemacht. Sie kennen sicher das T-Shirt „Love Sankt Pauli -- Hate Racism“. Warum ist das schlimm?
Was wäre, wenn einer „Hate St. Pauli“ auf sein Hemd schreibt? Normalerweise wäre das akzeptabel für den Fan eines konkurrierenden Fußballvereins. Vielleicht ein Grund, warum Fan-Sein so verbreitet ist: Ein letztes Reservat, in dem man noch ungestraft exklusiven Gesellschaften angehören darf. „Hate St. Pauli“ aber würde praktisch „Love Racism“ implizieren, aber das ist undenkbar.
Leute, die für solche Hemden auch noch Geld bezahlen, lassen sich in Wahrheit von dem dahinter stehenden Kalkül benutzen, nämlich der Implikation: „Wenn du kein Schwein sein willst, darfst du nicht gegen Sankt Pauli sein“. Das Fan-Sein wird zur gleichgeschalteten Pflicht. Da werden Menschen, Menschenrechte und das Mitgefühl mit Leid und Unrecht missbraucht für die werblichen Zwecke eines Fußballvereins. In einer Weise, die deshalb infam ist, weil sie versucht, Widerspruch auf vermintes Terrain umzuleiten.
Fassen wir zusammen: Wir sollten das Wort „Rassismus“ aus unserem täglichen Gebrauch streichen und es aufheben für die außerordentlich selten gewordenen Fälle, wenn jemand wirklich wegen seiner Zugehörigkeit zu einer menschlichen Rasse als minderwertig verurteilt wird. Denn das ist es, was das Wort „Rassismus“ bedeutet. Wenn wir dieses Wort einfach jedem an den Kopf werfen, der uns nicht passt, fallen wir in Wahrheit nur auf wirre Nazi-Ideologie herein.
Was wir mit Rassismus meinen, ist in den allermeisten Fällen die Ablehnung von etwas, das jemandem fremd ist. „Fremdenfeindlichkeit“ wäre also das richtige Wort. Aber wie verhält es sich nun damit?
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